Restaurierung und Rettung der historischen Darmstädter Dioramen
Die Darmstädter Dioramen zählen zu den wenigen in Europa, deren Aufbau und Ausführung noch dem Originalzustand der Errichtung Anfang des 20. Jh. erhalten wurden. Unter anderem dienten sie vielen Generationen unterschiedlichster Museen als Vorbildfunktion.
Die Restaurierungsarbeiten der historischen Dioramen im Hessischen Landesmuseum Darmstadt, wurden von der Objekt-Gestaltung über einen Zeitraum von ca. 2,5 Jahren ausgeführt. Ursprünglich sollten hier im Rahmen der Gebäudesanierung die Tierpräparate, welche teilweise bereits über 100 Jahre alt sind, sorgfältig gesäubert und grob repariert werden, also im Rahmen einer Objektsicherung behandelt werden. Das Ziel war, die kompletten Tierpräparate zu dokumentieren, säubern, Schadinsekten abzutöten und größere Beschädigungen zu sichern.
Im Laufe der Arbeiten wurde in Gesprächen und Sichtungen mit der Museumsleitung aber klar, dass die Dioramen nicht in dem ursprünglichen Zustand bleiben konnten. Das Alter, der erste und der zweite Weltkrieg aber auch die Umbaumaßnahmen im Gebäude haben ihre Spuren hinterlassen. Nicht nur die Präparate waren stark beschädigt, staubig und verschmutzt, sondern auch Landschaftseinbauten, Dekoration und sogar die Wände wiesen starke Schäden wie Verschmutzung, Risse und Instabilität auf.
Restaurierung der Landschaften und Malereien
Also wurden wir zusätzlich für die Restaurierung der Landschaften und Malereien in allen neun Dioramen beauftragt. Unserem Team wurde Fachpersonal, wie Präparatoren u. Handwerker, vom HLMD als Verstärkung zur Verfügung gestellt.
Diese Aufgabe stellte hohe Anforderung in verschiedenen Disziplinen der Restaurierung, Handwerks- und Präparationskunst an unser Team. Um eine reversible Lösung für die Reparatur- und Restaurierungsarbeiten zu finden, wurden vorher viele Arbeitsproben erstellt. Eine enge Zusammenarbeit mit vielen Fachleuten, unter anderem einem Kunstrestaurator der Kunstakademie u. Restaurierungszentrum Düsseldorf und Herrn Kremer von der Firma Kremer-Pigmente war überaus fruchtbar.
Unmittelbar nach der Entnahme aus den mit Arsen und Lindan kontaminierten Dioramen, wurden die Präparate mechanisch mittels Spezialstaubsauger entgiftet, gereinigt und zur Objektsicherung und Schädlingsbeseitigung in Tiefkühlcontainer bei -30°C eingelagert. Die Tierpräparate wurden unter meiner Anleitung restauriert und z.T. neu aufgearbeitet. Einige Teile, wie z.B. trübe Glasaugen, stark verblasste Farben, abstehende Hautschuppen und Hautrisse etc. wurden mit einem Mehraufwand aufgearbeitet.
Ansonsten wurden die Objekte wie oben bereits erwähnt im Rahmen der Objektsicherung behandelt und nicht verändert. Bei der Entnahme wurden Standort, Blickrichtung, Montage etc. dokumentiert, damit die Exponate zum Schluss wieder an ihren ursprünglichen Platz gesetzt werden konnten.
Fertigstellung
Bevor die Restaurierungsarbeiten in den Dioramen-Landschaften aufgenommen wurden, wurden die Räume ausführlich in Bild und Schrift dokumentiert, alle Schäden wurden gesichtet und fotografiert. Diese Bilder dienten anschließend auch als Vorlage für unsere Instandsetzungsarbeiten, denn oft mußten ziemlich große Flächen rekonstruiert werden.
Eine besondere Herausforderung lag in der Begehbarkeit der Landschaft. Wenn man bedenkt, dass man damals mit Jute, Zeitung und Gips die Landschaften auf ein Ständerwerk aus Holzbrettern und Maschendraht gebaut hat, keine leichte Aufgabe. Die Oberflächen wurden mit neuen Werkstoffen dem Original nachempfunden und entsprechend mit Pigment und Bindemittel koloriert. Die Malereien wurden vorsichtig gereinigt, Risse repariert, große Schäden vom Spezialisten behandelt, teilweise sogar im Mauerwerk verpreßt. Da sich über die Jahrzehnte das Bindemittel der Pigmentfarben sozusagen aufgelöst hat, lag stellenweise nur noch das Pulver auf der Wand. Wir haben eine spezielle Methode entwickelt, womit wir in der Lage waren das Pigment wieder an die Wand zu binden, ohne die Malerei zu zerstören.
Reparierte Bereiche wurden nach den Bildern der Dokumentation rekonstruiert und nachgemalt. Auch in schwindelerregender Höhe, auf langen Leitern. Eine Gerüststellung in den Dioramen war nicht möglich. Also wurden Podeste gebaut, wo man die Leitern verhältnismäßig gut stellen konnte. Anschließend wurden die aufgearbeiteten Präparate wieder an ihren dokumentierten Platz montiert. Dazu wurden erst die Präparate gesetzt, welche nicht auf dem Boden sind. Der Boden wurde anschließend koloriert, weil beim Bestücken der Dioramen unter anderem auch mit Leiterstellung neue Schäden unvermeidbar waren.
Anschließend wurden die Böden koloriert und die Präparate vorsichtig eingebracht. In diesem Projekt kamen auf der Baustelle viele, sich ständig ändernde Umstände zustande, welche letztendlich dazu führten, dass wir, die Objekt-Gestaltung, als Koordinatoren die Realisierung, Planung und Koordination der einzelnen Gewerke zwischen den externen Firmen, dem HLMD und uns erfolgreich umsetzen konnten.
Wir danken dem Hessischen Landesmuseum Darmstadt und dem zuständigen Architekten für die großartige und erfolgreiche Zusammenarbeit.